50 Kilometer in 12 Stunden – Challenge accepted
Distanz ist, was dein Kopf draus macht!
Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung kamen wir auf den Megamarsch. Und nachdem wir ja im Sommer die Alpenüberquerung gut gemeistert hatten, waren wir davon überzeugt, dass wir so einen 50km Lauf ohne große Höhenmeter doch locker schaffen müssten. Im Hinblick auf das Wörtchen „locker“ sah die Realität allerdings ein bisschen anders aus…. 😉
Obwohl wir uns als ziemlich fit und gut zu Fuß einschätzten, war uns natürlich klar, dass es eine echte Herausforderung wird und wir uns auch ordentlich vorbereiten mussten. So haben wir vermehrt an den Wochenenden längere Touren gemacht und in der Woche vor dem Event sind wir vier Tage hintereinander jeweils 15km gelaufen. Es war Ende Oktober und da wir unter der Woche erst am frühen Abend losgehen konnten, hatte es mehr was von einer Nachtwanderung.
Am ersten Abend sind wir noch euphorisch durch die Wälder spaziert – so konnten wir auch direkt unsere neuen Stirnlampen ausprobieren. Es war allerdings doch etwas abenteuerlich und auch ein bisschen unheimlich – man hört sehr viele Geräusche, wenn man Strecken im stockdunklen Wald läuft, die man nicht kennt. Die Fantasie geht ja manchmal mit einem durch und als wir uns dann diverse Wildschweinangriffe aus dem Unterholz ausmalten, haben wir dann doch lieber lange Läufe durch unseren Ort und die Nachbarorte gemacht.
Am 1. November ging es dann in Nürnberg um 9:30 Uhr an den Start. Die Startunterlagen hatten wir bereits am Abend zuvor abgeholt, so dass wir dann auch schnell auf der Strecke waren.
Die Organisation des Events war sehr gut. Es gab alle 10km eine Verpflegungsstation, wo man bei belegten Broten, Gummibärchen, Essiggurken, Müsliriegeln, Obst, Erdnüssen, Tee, Brühe und noch einigem mehr zuschlagen und ein kleines Päuschen einlegen konnte. Die Stimmung war durchweg gut, sowohl bei den Teilnehmern als auch bei den Helfern.
Die Strecke war wirklich sehr schön, es war ein abwechslungsreicher Rundweg um Nürnberg herum. Anfangs starteten wir noch im Nebel bei sehr kühlen Temperaturen – gegen Mittag kam dann tatsächlich die Sonne heraus und wir hatten strahlend blauen Himmel. Mit so einem tollen Wetter hatten wir tatsächlich gar nicht gerechnet. Ich weiß nicht, wie es gewesen wäre, so eine Strecke im strömenden Regen zu laufen… definitiv keine verlockende Vorstellung!
Die ersten 15km sind wir sehr gut durchgekommen, das ist für uns eine Strecke, die wir öfter laufen. Der Kopf spielt definitiv eine sehr große Rolle bei dieser Challenge. Ich muss dazu sagen, dass wir nicht annähernd die 50km jemals gelaufen sind, auch nicht als wir davor geübt haben. Zudem haben wir uns recht spontan zu dieser Challenge entschieden; wenn ich mich richtig erinnere, hatten wir glaube ich auch gerade mal einen guten Monat Zeit für die Vorbereitung. Nach 15km waren wir also noch gut dabei, trotzdem war der Gedanke, dass noch weitere 35km gelaufen werden wollen schon ein bisschen, naja – ich sag mal – verstörend… 😉
Bei Kilometer 20 haben wir eine etwas größere (Mittags-)Pause gemacht. Ich habe noch nie beim Wandern Blasen bekommen aber hier musste ich schon meine ersten Blasen am Fuß versorgen. Das führte dann auch dazu, dass ein leichtes Panikgefühl aufkam – es lagen ja immerhin noch 30km vor uns und Aufgeben war natürlich keine Option! Naja, wir waren gut gerüstet und ich hatte, nachdem wir verschiedene Erfahrungsberichte gelesen hatten, Blasenpflaster in allen Größen dabei.
Die Füße waren dann irgendwann versorgt und frisch gestärkt ging es weiter. Es lagen sehr schöne Waldwege vor uns. So wanderten wir Kilometer für Kilometer und hingen dabei unseren Gedanken nach. Je länger man läuft desto mehr hat es was Meditatives – einen Schritt nach dem anderen setzen und das Ziel dabei klar vor Augen haben, sprich – die Ziellinie zu überschreiten. Diese Gedanken lassen sich auch perfekt in unseren stressigen Alltag übertragen. Stetig kleine Schritte gehen und dabei seine Ziele, Träume und Visionen nicht aus den Augen verlieren…
Auch bei Kilometer 35 fühlten wir uns noch recht gut, die Sonne war noch da aber es war absehbar, dass es nicht mehr all zu lange dauern würde, bis unsere Stirnlampen zum Einsatz kamen.
Bei Kilometer 40 haben wir dann noch mal an der Verpflegungsstation eine kleine Pause gemacht. Es war stockdunkel und es war jetzt eine absolute Horror-Vorstellung, dass noch weitere zehn Kilometer gelaufen werden wollten. Meine Füße waren komplett im Eimer. Ich traute mich nicht, die Strümpfe auszuziehen, da ich befürchtete, der Anblick meiner Füße würde mich an den Rand einer Ohnmacht bringen… 😉 Von daher hieß es „Augen zu und durch“ und weiter ging’s…
Wir schlossen uns einer Gruppe von ungefähr 10 Leuten an, die eigentlich ein zu schnelles Tempo für uns liefen. Trotzdem blieben wir dran – es war nun nicht so einfach im Dunkeln die Markierungen sofort zu finden, das ging im Team definitiv besser. Außerdem wollten wir zudem schnellstmöglich vorwärts kommen. Als wir bei Kilometer 45 ankamen, haben tatsächlich bereits einige Läufer völlig verausgabt am Boden gesessen und sahen nicht so aus, als ob sie auch nur einen Schritt noch weitergehen könnten. Am liebsten wollten wir uns dazu setzen aber wie schon mal erwähnt: Aufgeben war keine Option…
Auch wenn „nur“ noch 5km vor uns lagen – wir haben uns insgeheim auch gefragt, wie wir das noch schaffen sollten… körperlich waren wir fertig. Jetzt musste unser Kopf das letzte Stück extrem mitarbeiten. Auf Entschlossenheit und Willenskraft kam es nun für uns auf die letzten Kilometer an, denn unser Körper hat uns regelrecht angeschrien, dass er nicht mehr kann. Die Strecke war auch nicht mehr wirklich schön, wir sind ein gutes Stück an einer vielbefahrenen Landstraße langgelaufen. Oder sagen wir mal so… wir haben uns, wie fast alle anderen auch, den Bürgersteig entlanggeschleppt 😉
Und dann war das Ziel da. Irgendwie haben wir es dahin geschafft und das Erstaunlichste war, dass einen Meter nach der Ziellinie wirklich gar nichts mehr ging. Der Kopf hat ausgeschaltet, Ziel erreicht – Feierabend. Irgendwie holten wir noch unsere Medaillen und Urkunden, machten noch ein Finisher-Foto und humpelten zum Auto, das zum Glück eine Straße weiter stand. Als wir im Auto saßen brauchten wir erstmal einen Moment. Wir haben beide richtig heftig gezittert und ich glaube ich war in meinem ganzen Leben körperlich noch niemals so erschöpft wie in diesem Moment. Eventuell vielleicht nach der Geburt unserer Kinder… 😉
Auf dem zum Glück sehr kurzen Weg zum Hotel besorgten wir uns noch Pizza fürs Hotelzimmer. Als wir auf den Parkplatz des Hotels fuhren mussten wir erstmal wieder ein paar Kräfte sammeln, um die paar Meter zum Hotel zu laufen. Unser Zimmer war am Ende eines sehr langen Gangs – ich sehe uns heute noch in Zeitlupe dort langschleichen, das muss ein Bild für die Götter gewesen sein!
Dringende Empfehlung, wenn ihr auch mal so einen Megamarsch mitmacht: Danach keine lange Strecke mehr mit dem Auto fahren. Am Besten, ihr lasst euch wirklich abholen. Wir hatten ja anfangs noch überlegt, dass Nürnberg so weit ja nicht ist und wir ja danach noch heimfahren könnten. Nachdem wir dann aber einige Erfahrungsberichte gelesen hatten und auch sowieso eine sehr späte Startzeit hatten, haben wir diesen Gedanken dann zum Glück direkt verworfen. Es wäre auch definitiv nicht möglich gewesen.
Am nächsten Tag ging es dann schon wieder viel besser und wir konnten halbwegs entspannt die Heimreise antreten.
FAZIT: Es war eine mega Erfahrung und wir werden definitiv noch einmal diese Herausforderung annehmen. Es gibt übrigens auch den Megamarsch für 100km in 24 Stunden – wie das zu schaffen ist, bleibt für mich zumindest vorerst noch ein Rätsel aber wer weiß, vielleicht gehe ich es mal an, das herauszufinden…
Hier findet ihr alle Infos zum Megamarsch
Falls ihr die Route mal nachlaufen wollt, findet ihr hier den Link Megamarsch Nürnberg 2021 by Alltrails – kleiner Tipp: geht früh los… 😉
Was war denn eure längste Tour, die ihr bisher am Stück gelaufen seid?